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Preisdeckel für russisches Erdöl: USA mit neuer Strategie in Bezug auf Indien

Im Zuge der Sanktionen haben die USA von Indien bisher stets gefordert, auf russisches Erdöl komplett zu verzichten. Nun will Washington Delhi dazu bringen, noch größere Preisabschläge auf russisches Öl von Moskau zu verlangen. Dadurch sollen Russlands Einnahmen aus dem Ölexport gesenkt werden.
Preisdeckel für russisches Erdöl: USA mit neuer Strategie in Bezug auf IndienQuelle: www.globallookpress.com

Von Alex Männer

Die antirussischen Wirtschaftssanktionen des Westens können ihre Wirkung nach wie vor kaum entfalten. Russlands Wirtschaft bleibt angesichts der unzähligen Restriktionen nicht nur stabil, sondern erlebt derzeit sogar einen regelrechten Aufschwung: Das Wirtschaftswachstum des Landes beträgt im bisherigen Jahresverlauf mehr als sechs Prozent – und liegt damit über dem weltweiten Durchschnitt.

Für die positive Entwicklung sorgt im hohen Maße der florierende Erdölhandel. Denn die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten konnten bislang weder die russischen Öllieferungen entscheidend begrenzen, noch die Einnahmen Moskaus aus dem Ölverkauf senken. So hat etwa die Einführung des sogenannten "Ölpreisdeckels" im Dezember 2022, der eine Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel auf russische Lieferungen vorsieht, Russlands Ölgeschäften bislang kaum geschadet. Wie aus aktuellen Zahlen hervorgeht, wurde das russische Rohöl der Sorte Urals in den Jahren 2023 und 2024 oberhalb der Preislimits verkauft.

Obendrein haben die Ölpreise mittlerweile deutlich zugelegt: Am Wochenende hat der Preis für die Nordseesorte Brent zum ersten Mal seit Oktober 2023 die 90-Dollar-Marke überschritten und betrug zwischenzeitlich 91,91 US-Dollar pro Fass. Zudem ist angesichts der jüngsten Eskalation zwischen Israel und dem Iran, der schwierigen Lage im Roten Meer, der wachsenden Ölausfuhren nach China und Indien sowie der geplanten Reduzierung der Ölproduktion in Russland, Saudi-Arabien und den anderen OPEC+-Ländern davon auszugehen, dass die Preise noch weiter steigen könnten.

Noch größere Preisnachlässe auf russisches Öl?

Um Moskaus Exporterlöse doch zu begrenzen, planen die USA, ihre Sanktionen im Hinblick auf den Ölpreisdeckel nachzuschärfen, ohne jedoch die globale Ölversorgung zu gefährden. Deshalb wollen sie Indien – dem zweitgrößten Importeur von russischem Rohöl – dazu verhelfen, noch größere Abschläge auf russische Öllieferungen zu erhalten, berichtete kürzlich die indische Zeitung The Economic Times. Demnach geht es den Amerikanern im Wesentlichen um die Schaffung eines Mechanismus, der es Indien und anderen Staaten ermöglichen soll, russisches Öl zu noch billigeren Preisen zu importieren.

Der stellvertretende Sekretär für Wirtschaftspolitik des US-Finanzministeriums, Eric Van Nostrand, erklärte dazu: "Wir wissen, dass für die indische Wirtschaft im russischen Ölhandel viel auf dem Spiel steht, und dass die globalen Versorgungsunterbrechungen, die durch die Preisobergrenze vermieden werden sollen, ein großes Problem darstellen. Ziel der Preisobergrenze ist es, Putins Einnahmen zu begrenzen und die globale Ölversorgung aufrechtzuerhalten."

Van Nostrand schätzte den "Preisdeckel" bislang insgesamt als erfolgreich ein, da die globalen Ölmärkte "gut versorgt wurden", während das russische Öl mit einem erheblichen Abschlag zum weltweiten Ölpreis gehandelt worden sei. Zudem hätte Russland Schwierigkeiten hinsichtlich der Investitionen in die neue Infrastruktur, die dem Verkauf von Öl oberhalb des Preislimits diene, so der Politiker.

Dass die USA neuerdings weitere Schritte erwägen, um Russlands Möglichkeiten bei der Umgehung der Preisobergrenze einzuschränken, hat zuvor schon der Berater des US-Außenministeriums im Bereich "Energiesicherheit", Amos Hochstein, angedeutet. Im März erklärte er: "Unser Ziel ist es nicht, das Öl vom Markt zu nehmen. Ich versuche die Inder dazu zu bewegen, bessere Preise zu verhandeln, indem ich die Tanker dazu zwinge, sich in eine andere Richtung zu bewegen. Ich denke, die Inder verstehen, was wir zu tun versuchen."

Indien verzeichnet Rekordprofite dank der Sanktionen

Ob Indien sich dem Druck aus Übersee beugen und sich an der US-Provokation beteiligen wird, ist fraglich. Schließlich will es seine hervorragenden Wirtschaftsbeziehungen zu Russland nicht riskieren. Außerdem profitieren die Inder auch so bereits enorm von den Spannungen zwischen Moskau und dem Westen: Zum einen konnten sie ihre Einfuhren von preiswertem russischem Rohöl in den vergangenen zwei Jahren drastisch steigern. Zum anderen haben sie in dieser Phase auch als Exporteur von Ölprodukten auf dem Weltmarkt beträchtlich zugelegt. Dank den von Moskau gewährten Preisnachlässen importiert Delhi nämlich viel mehr Rohöl aus Russland als es selbst benötigt, weil es das Öl hauptsächlich zu Kraftstoffen und Endprodukten verarbeitet und es anschließend zu weitaus höheren Preisen als für die eigenen Importe auf dem europäischen oder US-amerikanischen Markt veräußert.

Zum Beispiel hatten Indiens Ausfuhren von Diesel, Kerosin und anderen Ölprodukten – insbesondere nach Europa – bereits 2022 erheblich zugenommen. Damals wuchsen die Lieferungen im Jahresvergleich um rund 20 Prozent, wobei auf die EU etwa 50 Prozent aller indischen Kerosinausfuhren entfielen. Im vergangenen Jahr wurden dann neue Rekordwerte erreicht. Nach Angaben der britischen Zeitung The Independent sind die EU-Importe von Erdölprodukten aus Indien um 115 Prozent gestiegen, von 111.000 Barrel pro Tag im Jahr 2022 auf 231.800 Barrel pro Tag im Jahr 2023. Das ist der höchste ermittelte Wert der letzten sieben Jahre und wahrscheinlich der höchste Wert aller Zeiten.

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