Nordamerika

Eine Russland-Affäre als False-Flag-Operation: US-Demokraten bei Wahlmanipulation ertappt

Als Russen getarnt haben Demokraten unter falscher Flagge eine US-Senatswahl manipuliert. Besonders pikant: Ein Drahtzieher der Kampagne erstellte einen Bericht für den US-Senat über russische Wahleinmischung – und ist auch sonst kein Unbekannter.
Eine Russland-Affäre als False-Flag-Operation: US-Demokraten bei Wahlmanipulation ertapptQuelle: Reuters © Reuters

Es war ein denkbar knappes Rennen, das sich der Republikaner Roy Moore und sein demokratischer Kontrahent Doug Jones im Dezember 2017 im US-Bundestaat Alabama bei der außerordentlichen Wahl zum Senat lieferten. Mit einem Vorsprung von knapp 22.000 Stimmen konnte Jones das Rennen für sich entscheiden. Und das, obwohl Moore einen Verbündeten an seiner Seite hatte, der so mächtig sein soll, dass er sogar den Ausgang von US-Präsidentschaftswahlen entscheiden kann: Russland.

Wie US-Medien seinerzeit berichteten, hätten "mit dem Kreml verknüpfte Nachrichtenseiten und Internet-Trolle energisch zugunsten von Roy Moore" in den Wahlkampf eingegriffen. Über eintausend Twitter-Konten mit russischer Herkunft wurden identifiziert, die in den sozialen Netzwerken Stimmung für den Republikaner machten.

Moore konnte sich den schlagartig einsetzenden Zuspruch so vieler Russen für seine Politik nicht erklären und äußerte damals den Verdacht, dass die Demokraten hinter der Kampagne stecken, um ihn diskreditieren zu können. Er unterstellte somit seinen Kontrahenten, hunderte Fake-Accounts eingerichtet zu haben, um ihm eine Verbindung nach Russland anhängen zu können.

Aufwändige Operation unter falscher Flagge

Was für viele US-Amerikaner nach einer abwegigen Verschwörungstheorie klingen dürfte, hat sich mittlerweile als beweisbar herausgestellt. Wie die New York Times am Mittwoch öffentlich machte, hatte eine Gruppe von Technologie-Experten aus den Reihen der Demokraten 100.000 US-Dollar dafür erhalten, Moore mittels einer also durchaus kostspieligen Desinformationskampagne unter "falscher Flagge" zu diskreditieren. Zu diesem Zweck wurden auch über 1.000 russischsprachige Twitter-Konten eingerichtet. Finanziert wurde das Projekt laut der Zeitung von dem liberalen Milliardär Reid Hoffman.

Wir haben eine aufwändige Operation unter falscher Flagge organisiert, die die Idee vermittelte, dass Moores Wahlkampf in den sozialen Medien durch ein russisches Botnetz unterstützt wurde", heißt es in einem internen Projekt-Bericht, aus dem die New York Times zitiert.

Weiter heißt es darin, man ziele darauf ab, "mit vielen der Taktiken zu experimentieren, von denen heute angenommen wird, dass sie die Wahlen 2016 beeinflusst haben". Das Projekt beinhaltete "ein Programm, um die Moore-Kampagne mit Tausenden von russischen Konten zu verbinden, die plötzlich anfingen, dem republikanischen Kandidaten auf Twitter zu folgen, eine Entwicklung, die die Aufmerksamkeit der nationalen Medien auf sich zog", fasst die New York Times zusammen.

Ziel der Manipulation war es laut Projektbeschreibung, unter den Demokraten "Wut und Energie" zu erzeugen, damit sie zahlreich an den Wahlurnen erscheinen, um im Gegenzug den relativen Anteil der republikanischen Wähler herabzudrücken.  

Demokraten in Erklärungsnöten

Ein wichtiger Akteur bei der False-Flag-Operation war Jonathan Morgan, Chef der Cybersicherheitsfirma New Knowledge ("Neues Wissen"). Ausgerechnet sein Unternehmen fertigte für den Geheimdienstausschuss des US-Senats einen jüngst veröffentlichten Bericht über die vermeintliche Einmischung Russlands in die US-Wahlen 2016 an. Darin wird unter anderem behauptet, russische Akteure hätten mit der Veröffentlichung von Fotos diverser Sexspielzeuge auf Instragram die Wahlen zu beeinflussen versucht. 

Bei der Alabama-Operation habe es sich dagegen lediglich um "ein kleines Experiment" gehandelt, versucht Morgan nun zu beschwichtigen. Gegenüber der New York Times sagte er:

Das Forschungsprojekt sollte uns helfen zu verstehen, wie diese Art von Kampagnen funktionieren. Wir dachten, es wäre nützlich, im Kontext einer echten Wahl zu arbeiten, aber es so zu gestalten, dass es fast keine Auswirkung hat.

Angesicht dessen, dass die Schmutzkampagne gegen Moore weit über Alabama hinaus Schlagzeilen machte und die Demokraten erstmals seit über 25 Jahren den Bundesstaat mit dem bereits erwähnten knappen Vorsprung für sich gewinnen konnten, ist die Aussage, die Kampagne habe "fast keine Auswirkung" gehabt, äußerst gewagt.

Ebenso gewagt ist die Behauptung des führenden Beraters der Kampagne, des langgedienten Demokraten Joe Trippi. Laut ihm sei es unmöglich, mit lediglich 100.000 US-Dollar Einfluss auf einen Wahlausgang nehmen zu können. Dabei solle Russland laut den Demokraten mit nur einem Bruchteil des Betrags sogar die ganzen US-Präsidentschaftswahlen entschieden haben.

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Entsprechend zeigen sich die Republikaner von den Einlassungen der Demokraten nur wenig überzeugt. Moores Wahlkampfmanager Rich Hobson widersprach der Behauptung folgenloser Auswirkungen und sagte, dass "all diese Dinge einen Unterschied machen könnten". "Wir ohrfeigen uns noch immer selbst dafür, dass Moore nicht gewonnen hat", so Hobson.

Transatlantische Russen-Aufspürer als Quacksalber entlarvt

Bemerkenswerterweise ist Jonathan Morgan Mitbegründer der vom German Marshall Fund ins Leben gerufenen "Alliance for Securing Democracy", die die Webseite "Hamilton 68" betreibt. Dort will man über "russische Bemühungen, Propaganda und Desinformation im Internet" zu verbreiten, aufklären. Zu diesem Zweck beobachtet die transatlantische Initiative in Echtzeit 600 Twitter-Accounts, die unter russischem Einfluss stehen sollen. Hamilton 68 ist der mediale Stichwortgeber, wenn es um eine angebliche russische Beeinflussung mittels sozialer Medien geht. So bilanzierte BuzzFeed im Februar 2018:

Die Sache ist: Fast jedes Mal, wenn Sie eine Geschichte lesen, in der russische Bots für etwas verantwortlich gemacht werden, können Sie ziemlich sicher sein, dass die Geschichte auf eine einzige Quelle zurückgeführt werden kann – Hamilton 68.

Auch im Fall der Alabama-Wahlen bestätigte Hamilton 68 gegenüber Medien die Existenz der vermeintlichen Einflusskampagne Russlands – die deren Mitbegründer Morgan selbst unter falscher Flagge lanciert hatte. Dabei hatte die Glaubwürdigkeit von Hamilton 68 bereits zuvor Schiffbruch erlitten – was Mainstreammedien nicht davon abhielt, weiterhin auf die Initiative als belastbare Quelle zu verweisen. Denn im März hatte Clint Watts, ein weiterer Mitbegründer von Hamilton 68, eingestanden, dass die Geschichte von den russischen Bots "übertrieben sei". Gegenüber BuzzFeed sagte er:

Sie [die Twitter-Accounts] befinden sich nicht alle in Russland. Wir glauben nicht einmal, dass sie alle aus Russland befehligt werden – überhaupt nicht. Wir denken, dass es sich bei einigen um legitime Accounts leidenschaftlicher Menschen handelt, die einfach nur für Russland werben wollen.

Oder es handelt sich eben um von Hamilton 68-Mitarbeitern im Auftrag der Demokraten selbst eingerichtete Fake-Accounts, mit denen eine russische Einflussnahme inszeniert werden soll. 

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