"Wir wollen schießen" – Brandenburger Landtag erleichert "Entnahme" von Wölfen
von Kani Tuyala
In aller Welt sind auch deutsche NGOs aktiv, um vornehmlich Ländern des Globalen Südens mit Rat und Tat, und nicht selten mit erhobenem Zeigefinger, darin zu unterweisen, wie diese mit ihren Wildtierbeständen umzugehen haben. Nicht selten zerstören Wildtiere die Ernten oder reißen das Vieh der oft ohnehin schon bettelarmen Bauern.
Große Pläne westlicher NGOs werden dann vorgestellt, die sich der Koexistenz von Mensch und Natur widmen. Elefanten und Löwen lassen dann das Herz des hiesigen Tierliebhabers höherschlagen, während für die Zwänge und Nöte der um ihre Existenz kämpfenden Menschen oft jede Empathie fehlt. Der heldenhafte und medienwirksame Einsatz für Natur- und Tierschutz findet gerne vor allem jenseits der eigenen Landesgrenzen statt.
Währenddessen tummeln sich auch in deutschen Landen Wildtiere, die es oft alles andere als leicht haben. Ein Beispiel ist der Wolf, der hierzulande schon längst nur noch zum Reich der Legenden und Mythen zählte.
Doch immer wieder wanderten in den vergangenen Jahrzehnten einzelne Wölfe über Polen kommend nach Brandenburg ein. Erst nachdem der Wolf unter strengen Schutz gestellt worden war, wurde er dann tatsächlich wieder heimisch. Mit Stand 2020 gibt es in Brandenburg 47 feste Rudel – so viele wie in keinem anderen Bundesland. Ein Rudel besteht dabei aus einem Elternpaar und seinem Nachwuchs, was meist insgesamt fünf bis zehn Tiere entspricht.
Und schon sorgt Isegrim wieder für Ungemach, da er sich als Raubtier und auf der Suche nach Nahrung auch hin und wieder bei den Beständen lokaler Tierhalter bedient. Und weil dem ein Riegel vorgeschoben werden muss, wollen die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen im brandenburgischen Landtag den Abschuss von Wölfen erleichtern.
"Wir wollen schießen, weil wir in Brandenburg den höchsten Wolfsbesatz haben, der zunehmend zu Schadensereignissen führt", erklärte CDU-Fraktionschef Jan Redmann vergangene Woche bei der Vorstellung des Koalitionsantrags zu Änderungen in der Brandenburgischen Wolfsverordnung für die nächste Parlamentssitzung.
Die Abschüsse, so heißt es, seien auch notwendig, um die Wölfe aus der Nähe der Menschen fernzuhalten.
"Sie müssen ihre Scheu behalten vor menschlichen Siedlungen und Stallungen."
Wenn sie nichts zu befürchten hätten, würden die Wölfe ansonsten "immer dreister".
Bisher seien die Voraussetzungen für den Abschuss von Wölfen im gültigen Brandenburger Wolfsmanagement so eng geregelt, dass praktisch keine Abschüsse stattfinden könnten. Dazu Redmann:
"Bislang muss vor einem Abschuss gezielt der Wolf identifiziert werden, der für Risse bei Nutztieren verantwortlich ist, das ist meist kaum möglich."
Daher fordert der CDU-Politiker, dass künftig auch andere Tiere des für das "Schadensereignis" verantwortlichen Rudels geschossen werden können.
Wie er gegenüber rbb24 sagte, hält es der Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg, Henner Wellershoff, für richtig, mit der "Wolfsentnahme zu beginnen". Der Jäger hofft auch auf mehr Rechtssicherheit.
"Ja, absolut. Das ist ein erster richtiger Schritt, mit der Wolfsentnahme zu beginnen. Wir haben ja immer gesagt, dass wir Rechtssicherheit brauchen. Und wenn man den falschen Wolf entnehmen würde, dann wäre das natürlich verheerend für den, der den Fehler gemacht hat."
Jetzt sei es an der Zeit für klare und "in der Praxis umsetzbare Entnahmeregeln". Wellershoff hat dabei auch dicht besiedelte Gebiete im Auge. In Brandenburg gebe es bereits genügend große Naturschutzflächen, "wo der Wolf wunderbar unbehelligt leben kann".
"Aber wir haben natürlich sehr dichte Siedlungsgebiete, wo es bei steigender Wolfspopulation, die extrem dynamisch ist, zunehmend zu Problemen kommen wird. Und da muss sich die Gesellschaft fragen, wollen wir in diesen Gebieten Wölfe tatsächlich haben?"
Gegenüber dem rbb kritisierte Axel Kruschat vom BUND Brandenburg die Anpassung der Wolfsverordnung:
"Die EU sieht ganz klar eine Einzelfallprüfung vor, weil es ja auch nur hilft, den Problemwolf zu erschießen, der verhaltensauffällig ist und gelernt hat, Schutzmaßnahmen zu überwinden. Die anderen Wölfe machen sie damit erst zu Problemwölfen."
Am Donnerstag wurde der von den Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen eingebrachte Antrag zur Änderung der Brandenburger Wolfsverordnung mit großer Mehrheit angenommen und damit demzufolge dem Bundesnaturschutzrecht angepasst.
Schlägt ein sogenannter "Problemwolf" mehrfach in Viehherden zu, dürfen von nun an auch andere Tiere des Rudels entnommen werden, bis die Risse aufhören. Der entstandene Schaden muss also jetzt nicht mehr dem verursachenden Wolf nachgewiesen werden. Dazu erklärte der Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) am Donnerstag im Landtag:
"Wenn die Wölfe nachts diesen Wolfsschutz überwinden und das in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang wiederholt, dann wird dieser Wolf auch entnommen werden."
"Und dann", so Vogel weiter, "wird nicht nur der eine entnommen, sondern wenn die Übergriffe nicht aufhören werden auch der zweite und der dritte und der vierte entnommen werden. Und genau das ist der Regelungsinhalt und dazu stehe ich auch."
Man wolle "den Wolf damit nicht zum Abschuss" freigeben, erklärte der CDU-Landwirtschaftspolitiker Ingo Senftleben.
"Was wir wollen, ist ein Nebeneinander von Wolf, Nutztieren, Menschen und Weidetieren."
Analysen ergaben, dass sich die Wölfe in Deutschland fast ausschließlich von wild lebenden Huftieren ernähren. So bestehe die Speisekarte der hiesigen Wölfe zu über 50 Prozent aus Rehwild, gefolgt von Schwarz- und Rotwild. Nutztiere seien bisher zu 1,1 Prozent Nahrungsbestandteil. Im Jahr 2019 wurden über 2.800 Nutztiere durch den Wolf getötet oder verletzt. Wenn Wölfe Herdenschutzzäune überwinden, haben sie es dabei vor allem auf Schafe und Ziegen abgesehen.
Deutschland liegt inmitten des ursprünglichen Verbreitungsgebiets Eurasischer Wölfe. Bereits im 18. Jahrhundert war der Wolf in den meisten Regionen des heutigen Deutschlands ausgerottet.
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