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Unterseekabel im Visier? Der Westen findet weiteren Grund zur Furcht vor Russland

Die NATO fürchtet um die Sicherheit und Unversehrtheit der transatlantischen Unterseekabel: Russland könne diese Achillesferse für weltweiten Datentransfer angreifen und sabotieren. Steckt hinter diesen Befürchtungen eine reale Gefahr? Oder sagt die neuerliche Hysterie viel mehr über die eigenen Absichten der NATO aus als über diejenigen Russlands?
Unterseekabel im Visier? Der Westen findet weiteren Grund zur Furcht vor RusslandQuelle: Sputnik © Igor Sarembo / RIA Nowosti

Von Wiktorija Nikiforowa, RIA Nowosti

Nach der Veröffentlichung von Aufnahmen vom nächtlichen Abschuss der Drohnen über dem Kreml entfalteten unsere strategischen Gegner hastige Aktivitäten. Selenskij, der offensichtlich etwas befürchtet, bereist Europa, wechselt unterwegs ständig die Route und weigert sich hartnäckig, in seinen Bunker in der Heimat zurückzukehren. Er distanziert sich von dem Terroranschlag in seinem typischen Stil: "Ich war's nicht, meine Herren."

Gleichzeitig begannen seine NATO-Herren ihre Sorgen über die Probleme zu verbreiten, die Russland ihnen in der Grauzone militärischer Operationen bereiten könnte. Der stellvertretende Generalsekretär dieses Bündnisses David Cutler, zuständig für Nachrichtendienste und Sicherheit, wandte sich plötzlich von der Vertiefung und Ausweitung der Kontakte zu den postsowjetischen Republiken ab und warnte die Öffentlichkeit, Moskau habe alle Möglichkeiten, jene Unterseekabel, die Europa, Großbritannien und die Vereinigten Staaten miteinander verbinden, ernsthaft zu beschädigen. Dies würde zu einem völligen Chaos in der westlichen Welt führen.

"Moskau kartiert aktiv die kritische Infrastruktur der NATO und könnte die Unterwasserkommunikation angreifen, die westliche Länder buchstäblich mit allem versorgt, vom Gas bis zum Internet", umschreibt die New York Times den Bericht von Cutler.

Nach Angaben des NATO-Generals ist "das Ausmaß der Patrouillen russischer Schiffe im Atlantik und darüber hinaus deutlich höher als in den Vorjahren. Russische Schiffe würden sich in der Nord- und Ostsee "riskanter" verhalten. All dies könne dazu führen, dass Westeuropa und Nordamerika "zum Ziel Russlands in seinem Krieg mit der Ukraine werden".

Ein Angriff auf die westliche Infrastruktur würde Moskau die Möglichkeit geben, "das westliche Leben zu stören und Druck auf Länder auszuüben, die die Ukraine unterstützen", befürchtet Cutler.

Die Unterwasserinfrastruktur ist in der Tat von grundlegender Bedeutung für die westlichen Volkswirtschaften. In Großbritannien wurde gerade errechnet, dass eine Beschädigung dieser Kabel Finanztransaktionen im Wert von 7,4 Billionen Pfund pro Tag blockieren und etwa ein Viertel der Stromversorgung unterbrechen würde. Das heißt, die Londoner Börse würde zusammenbrechen und das Lebenserhaltungssystem des Landes würde einen äußerst verheerenden Schlag erleiden. Und das ist nur eine relativ kleine Insel.

Aber es geht natürlich nicht nur um die Wirtschaft. Die Unterbrechung der Unterseekabel könnte auch die amerikanische Steuerung der NATO-Kriegsmaschinerie stören.

Bereits 2020 erhielten NATO-Verteidigungsminister einen vertraulichen Bericht, der die Verwundbarkeit ihrer Verteidigungskapazitäten deutlich machte, die in hohem Maße von der Unterwasserinfrastruktur abhängen. Mit dem Übergang des US-Militärs zu 5G-Mobilfunkanwendungen und der allgemeinen Begeisterung für cloudbasierte Datenspeicherung wird diese Bedrohung nur noch größer.

Etwa 400 Unterseekabel, insgesamt länger als eine Million Kilometer, übertragen 95 Prozent des Internetverkehrs zwischen Europa und den USA. Fällt die Datenübertragung aus, wird es für die Amerikaner spürbar schwieriger, die "Eingeborenen" in Europa zu kontrollieren. Im Jahr 2008 führten beschädigte Kabel zwischen Ägypten und Italien dazu, dass die Zahl der US-Drohneneinsätze im Irak um eine Größenordnung zurückging.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass solche Schäden in einer Grauzone des Krieges auftreten können, in der eine nukleare Abschreckung nicht funktioniert. Wer soll schon schuld daran sein, wenn tief unter Wasser eine Störung auftritt? Wer wird schon wegen einer Störung unbekannter Ursache gleich einen Atomkrieg vom Zaun brechen? 

Die USA haben der Welt demonstriert, wie das geht, als sie Nord Stream sabotiert haben. Jetzt lenken sie die Aufmerksamkeit der Welt von diesem Terrorakt ab, indem sie ihre europäischen Vasallen mit der angeblichen "Untersuchung" der Explosion auch noch zu einer demütigenden Farce verleiten. Natürlich soll der ganze Verdacht auf Russland gelenkt werden.

Die Verärgerung von General Cutler über Moskaus U-Boot-Manöver ist Teil dieser Farce. Da Russland seine eigene Gaspipeline sabotiert habe, seien auch noch weitere Sabotageakte zu erwarten.

Während die "Untersuchung" noch nicht abgeschlossen ist, hat die Allianz bereits eine ganze Abteilung zum Schutz ihrer Unterwasserinfrastruktur geschaffen, die vom reaktivierten Generalleutnant Hans-Werner Wiermann geleitet wird. Unter dem Vorwand des Schutzes vor den Russen hat die NATO die Seepatrouillen entlang der russischen Grenzen verstärkt.

Einerseits ist das Geschrei über die russische Bedrohung der transatlantischen Unterwasserkommunikation ein klassischer Informationsangriff unserer Gegner, um ihre militärische Präsenz im Atlantik und in der Ostsee zu legitimieren. Gut möglich, dass sie selbst Sabotageakte zugunsten der US-Amerikaner planen.

Andererseits zeigt die konzertierte Hysterie, in der sich die eingeschworenen Freunde des Bündnisses zusammengefunden haben, dass sich die NATO-Führung der Risiken ihrer eigenen Position sehr wohl bewusst ist. Es ist nicht mehr möglich, so zu tun, als ginge es um die Ukraine.

Tatsächlich befindet sich die NATO im Krieg gegen Russland – mit sämtlichen Mitteln, die dem Bündnis überhaupt zur Verfügung stehen, dazu noch mit den Mannschaften der Ukrainer. Drohnen über dem Kreml, Sabotageakte auf russischem Territorium, Angriffe auf russische Städte – all das geschieht unter der Leitung und mit dem Segen ihrer amerikanischen Herren. Ihre feigen Lügen – "Nicht wir waren es, es war Selenskij" – können daran nichts ändern.

Übersetzt aus dem Russischen

Der Artikel erschien zuerst am 5. Mai 2023 auf ria.ru

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