Russland

Modernisiertes Tor-M2-Raketensystem effektiv gegen künftige Ziele

Das taktische Kurzstrecken-Flugabwehrraketen-System Tor-M2 hat sich bereits in Syrien und in der Ukraine bewährt. Die weitere Modernisierung des Systems wird den russischen Truppen ermöglichen, auch Luftziele zu treffen, die sich heute erst in Entwicklung befinden.
Modernisiertes Tor-M2-Raketensystem effektiv gegen künftige ZieleQuelle: Sputnik © Russisches Verteidigungsministerium

Von Alexander Karpow und Aljona Medwedewa

Nach den Worten von Fanil Sijatdinow, dem Direktor des elektromechanischen Unternehmens Kupol in Ischewsk, werden neue technische Lösungen die Eigenschaften des Raketensystems bei der Erkennung kleiner Ziele erheblich verbessern, wobei die zunehmende Automatisierung des Systems in Zukunft dafür sorgen wird, dass die Aufgaben praktisch ohne Mitwirkung eines Operators erledigt werden können. Militärexperten wiesen auf die Notwendigkeit einer Modernisierung des Tor-M2 hin, um der wachsenden Produktpalette an Zerstörungsmitteln potenzieller Feinde gerecht zu werden.

Der Direktor Sijatdinow des elektromechanischen Betriebs "Kupol" in Ischewsk (eines Tochterunternehmens des Konzerns Almas-Antei) erklärte, dass die weitere Modernisierung des Flugabwehrraketensystems Tor-M2 das russische Militär in die Lage versetzen wird, auch Flugobjekte zu treffen, die sich derzeit noch in der Entwicklung befinden.

"Die Arbeiten zur Modernisierung des Tor-M2 laufen kontinuierlich. Das System wird ständig optimiert, genauso wie seine Wirksamkeit zur Bekämpfung neuartiger Objekte in der Luft. Dazu gehören die Bewertung des Kampfpotenzials dieses Systems sowie die mathematische Modellierung zur Ermittlung der Wirksamkeit bei der Bekämpfung infrage kommender. Bei der ersten Gelegenheit werden die Berechnungen in der Praxis auf ihre Genauigkeit überprüft", wird Sijatdinow von TASS zitiert.

Mit den neuen technischen Lösungen würden die Eigenschaften des Systems bei der Erkennung von kleinen Zielen erheblich verbessert, und eine weitere Automatisierung werde es dem System ermöglichen, seine Aufgabe praktisch ohne Mitwirkung des Menschen zu erledigen, betonte der Sijatdinow.

Der Operator werde in Zukunft "nur noch den Abschussknopf drücken müssen, und den Rest werde "Tor-M2" dann selbst erledigen.

 

Erhöhte Effizienz

Das Raketensystem Tor-M2 ist eine neue Generation von Luftabwehrsystemen kurzer Reichweite zum Schutz der Bodenstreitkräfte vor Angriffen durch Gleitbomben, Marschflugkörper und Radar-Abwehrraketen. Außerdem ist das System in der Lage, unbemannte Flugobjekte (UAVs), Hubschrauber und Flugzeuge abzufangen – auch solche, die mit der Stealth-Technologie getarnt werden.

"Das System zeichnet sich aus durch seine erhöhte Wirksamkeit bei der Abwehr von Luftangriffen mit modernen Luftangriffsmitteln unter den Bedingungen von Gegenmaßnahmen durch Feuerbeschuss und Funkelektronik. Das Flugabwehrraketensystem kann sowohl im manuellen (durch Operatoren) als auch im vollautomatischen Modus betrieben werden und gleichzeitig bis zu mehrere Dutzend Luftziele verfolgen", heißt es in den Unterlagen des russischen Verteidigungsministeriums.

Das Boden-Luft-System "Tor-M2" hat seine Effizienz in verschiedenen Höhen und Entfernungen demonstriert, hat Ziele im Höhenbereich von 10 m bis 10 km und in Entfernungen ab 1 km bis zu 15 km getroffen. Das Raketensystem kann bis zu vier Zielobjekte gleichzeitig bekämpfen. Das macht dieses System zu einer wirksamen Waffe der vordersten Verteidigungslinie.

Das Besondere am System Tor-M2 ist dessen Fähigkeit, während der Fahrt zu feuern – ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Flugabwehrsystemen, die zum Feuern anhalten und sich vorbereiten müssen.

Gegenüber TASS erklärte Alexander Michailow, Leiter des Büros für politische und militärische Analysen, dass das Radarsystem des Systems alle Arten von Drohnen aufspüren und bekämpfen kann, einschließlich Schwärme kleiner Drohnen.

Ein weiterer Vorteil dieses Raketensystems ist seine Munition: die Flugabwehrrakete 9M338K, welche vom staatlichen Konstruktionsbüro für Maschinenbau Wympel NPO entwickelt wurde.

Im Jahr 2019 gab Wiktor Jelezki, Chefkonstrukteur von Wympel in der Holding "Tactical Missile Arms Corporation" zu Protokoll, dass die Treffgenauigkeit bei allen Flugzeugtypen, Drohnen und hochpräzisen Geschossen annähernd 100 % beträgt. Das System ist mit 16 Raketen des Typs 9M338K ausgestattet.

"Dank der Reichweite des Tor-M2 Raketensystems gelingt die Deckung der Streitkräfte über eine Frontentfernung von 20 km. In diesem Abschnitt schalten wir alles aus, was sich bewegt. Dazu gehören auch kleinere, manövrierende Ziele mit hoher Geschwindigkeit. Dort, wo früher zwei Systeme im Einsatz waren, reicht heute eines aus", sagte Jelezki in seinem Interview mit der Zeitung Iswestija.

Der Konstrukteur des Systems gibt an, das eine originelle aerodynamische Lösung die hohe Genauigkeit und Reichweite der Flugabwehrrakete 9M338K ermöglicht. Durch den Verzicht auf große Tragflächen konnten die Ingenieure das Gewicht der Rakete stark reduzieren, was sich positiv auf das Verhältnis der Masse zur Größe auswirkte. Zudem werden die Raketen aus dem Abschussrohr durch leichtgewichtige Gasgeneratoren anstelle der traditionellen Katapulttechnik abgefeuert, betonte Jelezki.

"Infolgedessen ist die neue Rakete schlanker, eleganter und manövrierfähiger und ein Kampfsatz hat dadurch die doppelte Anzahl. Im Übrigen konnte sich damals [zum Zeitpunkt der Entwicklung] niemand vorstellen, dass dieses Fahrzeug so viele Raketen in sich tragen könnte", erklärte Jelezki.

Die hervorragenden Kampfeigenschaften des Tor-M2-Systems und der Modifikationen werden auch von der westlichen Fachwelt anerkannt. So stellte das amerikanische militärpolitische Magazin The National Interest im Februar 2022 fest, dass dieses System für den Einsatz rund um die Uhr und bei jedem Wetter konzipiert wurde.

"Allerdings ist das Tor-M2 gegen manche Zielobjekte offenbar zu übermächtig – man kann es mit dem Abschießen von Fliegen mit einer Schrotflinte vergleichen, und aus diesem Grund haben die russischen Streitkräfte nun die Entwicklung einer kleineren Rakete für dasselbe Flugabwehrsystem angekündigt", schrieb das Magazin zur Umstellung des Systems von der Vorgängergeneration der 9M331-Raketen auf die 9M338K.

Das Tor-M2 System werde nach der Modernisierung in der Lage sein, feindliche Drohnen effizienter zu bekämpfen, behauptete der Autor des Magazins.

Auf jeder Wellenlänge

In einem Kommentar gegenüber RT antwortete der pensionierte Oberst und Militärexperte Wiktor Litowkin, das Tor-M2-System habe ein hohes Modernisierungspotenzial, und seine Kampfeigenschaften könnten auch in Zukunft noch verbessert werden.

"Russische Hardware wird immer mit einer Reserve zur Modernisierung entwickelt. Schließlich wird sie für eine langfristige Nutzung hergestellt. Die Modernisierung ist laufend möglich, insbesondere bei der Elektronik an Bord und bei den Raketen. Auf diese Weise wird das System effektiver. Tor-M2 hat ein enormes Entwicklungs- und Modernisierungspotenzial", unterstrich der Experte.

Litowkin fügte hinzu, die wesentliche Voraussetzung für die Modernisierung und der Vorteil gegenüber anderen SAMs liege in der Bauweise des Systems Tor-M2.

"Der Gütefaktor des Systems ist darin begründet, dass sich alle seine Bestandteile auf demselben Chassis befinden: die Antenne für die Zielerkennung und die Zielverfolgung, sowie für das Anvisieren des Zielobjekts  und die Raketen selbst befinden sich in seinem Gehäuse in unmittelbarer Nähe zueinander. Die Steuerung der Raketen und Antennen kann bequem vom Fahrzeug aus erfolgen. Das System zeigt einen effizienten Kampfeinsatz. Das belegen die Ereignisse in der Ukraine und in Syrien ... an denen Tor-M2 beteiligt war", bemerkte der Gesprächspartner.

Der Militärexperte Juri Knutow erklärte, dass der Bedarf an einer Modernisierung des Boden-Luft-Raketenabwehrsystems durch das Aufkommen neuer Zerstörungsmittel des potentiellen Feindes gegeben sei.

"Die Modernisierung ist unabdingbar, denn der Feind zeigt immer wieder neue Entwicklungen, wie etwa JDAM-Gleitbomben und bodengestützte Bomben mit kleinem Durchmesser (GLSDB). Es ist sehr wichtig, über Instrumente zu verfügen, die all diesen Gefahren entgegenwirken. Auch die Vielfalt der von den Gegnern eingesetzten Drohnen wird immer größer, einschließlich der Langstreckendrohnen. Diese müssen unbedingt abgefangen werden, und dafür benötigt man neueste Detektionsgeräte und die Fähigkeit, Drohnen und andere Angriffsmittel im Automatikmodus zu bekämpfen", erklärte der Experte.

Ferner sei die Modernisierung notwendig, damit Tor-M2 in ein modernes, gestaffeltes Luftverteidigungssystem integriert werden kann, fügte Knutow hinzu.

"Das Wichtigste ist die Notwendigkeit, 'Tor' in ein netzbasiertes System mit anderen Einheiten zu integrieren: nicht nur mit den Streitkräften, sondern auch mit objektbasierten Luftabwehrsystemen. Ein solches System wäre quasi undurchdringlich und würde im automatisierten Modus bei fast allen Arten von Zielobjekten und in allen Höhen und Reichweiten funktionieren", sagte der Militärexperte abschließend.

Übersetzt aus dem Russischen

Mehr zum Thema - "Zivile Ziele": Mit Sprengstoff und Schrapnellen beladene Drohnen über der Krim abgeschossen

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.