Europa

"Alpträume an diese Hölle" – Chef von Sputnik Litauen meldet sich aus lettischem Gefängnis

Dem Anfang Januar in Lettland verhafteten Chefredakteur von Sputnik Litauen Marat Kassem geht es gesundheitlich wieder besser. Das hat er am Dienstag in einer schriftlichen Botschaft mitgeteilt. Er habe inzwischen die Biografie von Markus Wolf und weitere Bücher gelesen. Die Aussichten sind dennoch nicht rosig.
"Alpträume an diese Hölle" – Chef von Sputnik Litauen meldet sich aus lettischem GefängnisQuelle: Sputnik © Sputnik

Der in Lettland inhaftierte Journalist Marat Kassem hat Sputnik Litauen in einem Brief mitgeteilt, dass es ihm gesundheitlich wieder besser gehe. Zuletzt hatte sein Gesundheitszustand Anlass zu ernster Sorge gegeben, nachdem sich bei ihm Krankheiten und Allergien als Folge unzumutbarer Haftbedingungen entwickelt hatten und medizinische Versorgung nicht im nötigen Umfang gewährt worden war.

"Nach einer Woche strengen Regimes erhole ich mich gesundheitlich und nervlich. Ich habe sogar endlich Medikamente bekommen. Jetzt erinnern mich nur noch Alpträume daran, dass ich in dieser Hölle war", schrieb der Chefredakteur von Sputnik Litauen seinen Kollegen.

Kassem schreibt weiter, er nutze die Zeit in Haft, um viel zu lesen. Zu den jüngst gelesenen Büchern gehören die Biografie des DDR-Chefspions Markus Wolf, der Roman der Brüder Arkadi und Boris Strugazki "Die Last des Bösen" und Mahatma Gandhis "Mein Leben". 

Sein Blick richte sich jetzt nach vorn, gibt der Journalist zu verstehen: 

"Ich werde warten, bis mich die Strömung an die frische Luft trägt. Wisset und zweifelt nicht, dass ich über genug Geduld und Willenskraft verfüge, auf diesen Tag zu warten. Ich habe relativ wenige neue Geschichten (über die ich schreiben könnte), aber unser lokales Askaban selbst und sein Alltag verdienen eine eigene Erzählung."

Wie Sputnik Litauen letzte Woche berichtete, wurde Kassem nach einer Beschwerde seines Anwalts aus der Einzelhaft in seine vorherige Zelle verlegt. Zuvor hatte sein Vertreter mitgeteilt, dass der Gesundheitszustand des Journalisten kritisch sei und er medizinische Hilfe benötige. Kassem hatte einen schweren allergischen Anfall und eine ernsthaft verschlimmerte chronische Krankheit.

Der Chefredakteur von Sputnik Litauen war Ende letzten Jahres in Lettland festgenommen worden, wohin er aus familiären Gründen gekommen war. Am 5. Januar verhaftete ein Gericht in Riga den Journalisten. Die Berufung hiergegen wurde abgewiesen. Kassem ist lettischer Staatsbürger und lebt seit einigen Jahren in Moskau, wo er für die Mediengruppe Rossija Sewodnja ("Russland heute"), zu der unter anderem die Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Sputnik arbeitet.

Die russische Ombudsfrau Tatjana Moskalkowa bezeichnete die Inhaftierung des Journalisten als Angriff auf die Meinungsfreiheit und wandte sich an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte, bislang ohne Reaktion.

Dmitri Kisseljow, Generaldirektor der Mediengruppe, erklärte, man werde die internationale Gemeinschaft auffordern, zu reagieren und "alles zu tun, was möglich ist, um Kassems Freilassung zu erreichen". Die Festnahme bezeichnete er als rechtswidrig und sagte, die Verhaftung habe im Kontext der "europäischen Gesetzlosigkeit stattgefunden, in der eine Person verhaftet werden kann, nur weil sie ein professioneller Journalist ist, wegen ihrer Meinung, ihres Standpunkts oder der Informationen, die sie äußert".

Lettland führt in den letzten Monaten einen Rundumschlag gegen im Land lebende Russen und prorussische Aktivisten, Journalisten, Blogger und sogar Installateure aus. Erst in der zurückliegenden Woche wurde in Riga die junge Aktivistin Tatjana Andriez für das Verteilen von Flugblättern verhaftet. Zudem hat Lettland Mitte Januar das Niveau seiner diplomatischen Beziehungen zum größten Nachbarstaat durch die Ausweisung des russischen Botschafters herabgesenkt, Russland reagierte spiegelbildlich.

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