Europa

Katalanische Politiker mit Pegasus-Software ausspioniert – Regionalregierung fordert Aufklärung

Untersuchungen zufolge wurden mehr als 60 katalanische Politiker mit Hilfe der Pegasus-Software ausspioniert. Der katalanische Präsident der Regionalregierung Pere Aragonès sagte, dass die spanische Regierung zumindest von der Spionage gewusst haben musste. Die spanische Regierung bestreitet jedoch jegliches Fehlverhalten.
Katalanische Politiker mit Pegasus-Software ausspioniert – Regionalregierung fordert AufklärungQuelle: www.globallookpress.com © Kike RincÃ�N/Keystone Press Agency

Eine Affäre um die Bespitzelung von katalanischen Politikern bringt Spaniens Zentralregierung in Bedrängnis: Spanische Behörden sollen bekannte Politiker der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung mittels der bekannt gewordenen Spionagesoftware Pegasus ausgeforscht haben. Nach Untersuchungen der kanadischen Forschungsgruppe Citizen Lab, über die unter anderem das US-Magazin The New Yorker berichtete, wurden mehr als 60 katalanische Politiker sowie deren Mitarbeiter und Familien systematisch überwacht. Zwischen 2017 und 2019 wurden die Mobiltelefone von Politikern und Aktivisten unter Zuhilfenahme der israelischen "Spyware" namens Pegasus von der israelischen NSO Group Technologies gehackt und abgehört. Bisher befinden sich auch der Präsident der Regionalregierung Kataloniens Pere Aragonès sowie dessen Vorgänger Quim Torra und Carles Puigdemont, der sich seit 2017 im belgischen Exil befindet, sowie Artur Mas auf der Liste der Ausgespähten.

Fast alle Vorfälle ereigneten sich zwischen 2017 – dem Jahr des letztlich gescheiterten Antrags auf regionale Unabhängigkeit Kataloniens – und 2020. Obwohl NSO Group Technologies behauptet, dass Pegasus nur an Regierungen verkauft wird, um Kriminelle und Terroristen aufzuspüren, hat eine gemeinsame Untersuchung des Guardian und El País vor zwei Jahren ergeben, dass der Sprecher des katalanischen Regionalparlaments und mindestens zwei weitere Unabhängigkeitsbefürworter gewarnt wurden, dass die Spionagesoftware verwendet wurde, um sie ins Visier zu nehmen.

Puigdemont kündigte am Dienstag juristisches Vorgehen gegen alle Verantwortlichen an und wolle entsprechende Schritte in Spanien sowie Deutschland, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz einleiten. Zudem rief er die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu auf, ebenfalls zu handeln und Spanien für den Einsatz der Spionage-Software gegen politische Rivalen "zur Rechenschaft zu ziehen". Es handle sich um eine "massive Verletzung der Grundrechte". Die Partei Unidas Podemos (UP), Juniorpartner in der Regierungskoalition von Spaniens Zentralregierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez, forderte ebenfalls eine eingehende Untersuchung. Notfalls müssten "Köpfe rollen", sagte der UP-Sprecher Pablo Echenique.

Auch der katalanische Regionalpräsident Pere Aragonès forderte die spanische Regierung auf, eine "offizielle und unabhängige Untersuchung" einzuleiten. Aragonès erklärte gegenüber dem Guardian, dass die angebliche Überwachung, die von den Cybersicherheitsexperten von Citizen Lab am Montag aufgedeckt wurde, eine Verletzung der Rechte des Einzelnen, einen Angriff auf die Demokratie und eine Bedrohung für politisch Andersdenkende darstelle.

"Mein Telefon wurde wegen meiner politischen Pflichten ins Visier genommen – zuerst als Vizepräsident der Region und dann als Regionalpräsident", sagte er. "Das geht über das hinaus, was mir als Einzelperson und als Bürger angetan wurde. Sie griffen auch die demokratisch gewählte Institution der katalanischen Regierung an, was ein Angriff auf alle katalanischen Bürger und Institutionen und somit ein Angriff auf die Demokratie ist."

Aragonès sagte weiterhin, die offensichtliche Spionage habe ein so großes Ausmaß angenommen, dass sie den spanischen Behörden nicht entgangen sein könne. Auch sei es unwahrscheinlich, dass es sich um die Arbeit eines einzelnen Agenten des spanischen Geheimdienstes (CNI) gehandelt habe.

"Es gibt auch Genehmigungsverfahren, die Geheimdienste durchlaufen müssen, und das bedeutet natürlich, dass dies nicht unbemerkt geblieben sein kann."

Besonders besorgniserregend sei, dass die Pegasus-Software gegen Politiker, Anwälte und Gruppen der Zivilgesellschaft eingesetzt wurde.

"Wir müssen genau wissen, wie oft es eingesetzt wurde, gegen wen und mit welcher Begründung. So können wir feststellen, wer dafür verantwortlich war. Eine Regierung kann nicht sagen, dass sie nicht wusste, was vor sich ging. Wenn sie es nicht wusste, muss sie intern herausfinden, wer dafür verantwortlich war – denn hier geht es um die Verfolgung politisch Andersdenkender."

Citizen Lab und Amnesty International haben ebenfalls eine offizielle Untersuchung der Angelegenheit gefordert. Die spanische Regierung stritt unterdessen jegliches Fehlverhalten ab, während die Policía Nacional und die Guardia Civil erklärten, sie hätten keinerlei Beziehungen zu NSO Group Technologies und hätten deren Dienste nie in Anspruch genommen. Am Dienstagnachmittag sagte die Regierungssprecherin Isabel Rodríguez, dass die Spionagevorwürfe nicht neu seien und von der Regierung bereits behandelt worden wären.

"Aber ich möchte unsere Position bekräftigen, dass die Regierung nichts zu verbergen hat – absolut nichts", sagte sie.

Zudem wolle man in dieser Angelegenheit vollumfänglich mit der Justiz zusammenarbeiten. Sie könne sich jedoch nicht dazu äußern, ob das CNI Zugang zur Pegasus-Software habe oder ob es das Programm jemals eingesetzt habe, da sich diese Angelegenheiten auf die nationale Sicherheit beziehen und somit als geheim eingestuft wurden. Das CNI hatte zuvor gegenüber dem Guardian und El País erklärt, dass seine Arbeit vom Obersten Gerichtshof überwacht werde und dass es "in voller Übereinstimmung mit dem Rechtssystem und mit absolutem Respekt für die geltenden Gesetze" handele.

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